Michael vom Café Böcklein und mir wird häufig die Frage nach der Idee zur LEGO Rollstuhlrampe gestellt, daher möchte ich an dieser Stelle einfach mal die Geschichte dahinter beschreiben.

Angefangen hat alles mit einer Anfrage von Michael Roß. Zusammen mit seiner Frau Sandra eröffnete er im vergangenen Jahr das Böcklein in der Ilmenauer Fußgängerzone. Das Café im gemütlichen Vintage-Ambiente ist mittlerweile sehr beliebt bei den Ilmenauern und aufgrund des netten Teams und der vielen modernen Ideen ein schöner Ort zum Verweilen. Am Eingang befindet sich eine Stufe von ungefähr 10 cm Höhe, die bisher eine Barriere für Rollstühle, Rollatoren aber auch Kinderwagen darstellte. Natürlich konnte man mit ein klein wenig Mühe die Anhöhe überwinden, aber so richtig barrierearm war es nicht. Sandra und Michael entdeckten vor einiger Zeit im Urlaub eine schöne Lösung für das Problem: eine Rollstuhlrampe aus LEGO.

Die Idee war geboren und musste nur noch in die Tat umgesetzt werden. Sandra wusste von uns ILMBRICKS in Ilmenau und so nahmen die beiden Kontakt zu uns auf. Ich freute mich sehr über die Anfrage und es war schnell klar, dass wir das zusammen hinbekommen.

Planung und Beschaffung der Materialien

Zunächst einmal machte ich mich im Internet auf die Suche nach bereits umgesetzten Lösungen und fand direkt Rita Ebel, die man gerne die LEGO Oma aus Hanau nennen darf. 🙂
Ich nahm Kontakt mit ihr auf und erzählte von unserem Projekt. Sie gab mir wertvolle Hinweise über sinnvolle Abmessungen, mögliche und weniger geeignete LEGO Teile, den Übergang zum Untergrund (Pflastersteine) und das notwendige Verkleben.

Bei Sandra und Michael am Café nahmen wir dann noch einmal Maß und legten uns auf eine Breite von 90 cm fest. Ich setzte mich an den Computer und plante die Rampe mit den gegebenen Bedingungen wie Zielbreite und zu überwindende Höhe von 10 cm. Zu berücksichtigen war auch, dass wir eine sogenannte Bautenschutzmatte verwenden mussten. Das ist eine Trennschicht, die man zwischen unterschiedliche und meist auch empfindliche Baustoffe legt, in unserem Fall zwischen den LEGO Kunststoff und die Pflastersteine in der Fußgängerzone. Da die Bautenschutzmatte aus Gummigranulat besteht und dadurch flexibel ist, passt sie sich einigermaßen an die Pflastersteine an und schützt nach oben hin die LEGO Rampe. Außerdem verhindert sie ein Verrutschen. Die Höhe der Matte von 6 mm musste bei der Planung ebenfalls berücksichtigt werden.

Zunächst versuchte ich zu ermitteln, welche Steine wir in welcher Anzahl brauchen. Das Modell, welches ich am Computer erstellte und das einen Idealzustand der benötigten Teile darstellte, machte deutlich, dass es mindestens 4000 Steine sein müssen. Also auf zu Bricklink und geschaut, ob wir gebraucht für einen moderaten Preis das Material bestellen könnten. Ich mache es kurz, leider nein. Nicht falsch verstehen, ich liebe Bricklink und finde das System super, in unserem Fall und bei der Menge an Steinen wurde das Budget von Sandra und Michael aber schnell gerissen.

Also auf zu eBay bzw. eBay Kleinanzeigen. Dort werden oft Konvolute angeboten, sprich Sammlungen von LEGO Teilen, die häufig in einem Paket zusammen verkauft werden. Das kann eine Mischung aus verschiedenen LEGO Sets oder eine große Anzahl von zufälligen LEGO Steinen sein, die nicht unbedingt zusammen gehören. Diese werden meist von privaten Verkäufern angeboten, die ihre LEGO Sammlung auflösen möchten. Oftmals eine kostengünstige Möglichkeit, eine große Anzahl von LEGO Steinen zu erwerben. Der Nachteil ist nur, dass häufig jede Menge Teile dabei sind, die man nicht unbedingt braucht. In unserem Fall benötigten wir z. B. keine Räder, Fenster, Minifiguren oder ähnliches sondern jede Menge reine Basissteine und Platten (2 x 2, 2 x 3, 2 x 4, …). Mit anderen Worten, es bestand das Risiko zu viel Material in einem Konvolut zu erhalten, was gar nicht in der Rampe verbaut werden konnte. So gestaltete sich die Recherche nach passenden Angeboten als sehr zeitintensiv. Letztendlich bin ich doch fündig geworden und es waren am Ende nur drei Beschaffungen notwendig um das Projekt zu realisieren.

Im ersten Konvolut waren sehr viele Platten, also niedrige Teile, dabei. Wir durften nicht wählerisch sein, alles musste verbaut werden. Aus den anfangs ca. 4000 Steinen wurden am Ende fast 9000. Im Inneren der Rampe befinden sich tausende der niedrigen Platten. Um z. B. einen 2 x 3 Stein nachzubilden, benötigt es drei Platten. Diese müssen auch noch miteinander verklebt werden, was den Zeitaufwand ebenfalls erhöhte. Aber wir bauen ja gerne mit LEGO und nehmen das problemlos in Kauf. 😉
Der Vorteil dieser Vorgehensweise war, dass die Rampe unheimlich massiv wurde und wenig Hohlräume hat. Allerdings nahm auch das Gewicht deutlich zu (mit Klebstoff und Matte über 11 kg).

Als das erste und größte Konvolut eintraf, waren schnell Freiwillige gefunden, die mit sortierten. Anke, Andrea, Paul und Stefan halfen mir die Mengen in den Griff zu bekommen. An einem gemütlichen Abend bei kalten Getränken und netten Gesprächen waren tausende Steine doch recht schnell sortiert.

Besonders spannend war dabei auch, welche Steine so alles auftauchten. Von sehr alten und schon verzogenen Steinen (die noch aus der Zeit stammen als LEGO Celluloseacetat für die Herstellung verwendete) bis hin zu schönen Klassikern mit tollem Aufdruck war alles dabei. Wer mehr über die Geschichte der LEGO Steine und vor allem der Herstellung erfahren möchte, kann gerne einmal auf die Website von Franz Tomberger schauen. Hier bekommt man einen schönen Überblick.

Nun musste noch der passende Klebstoff beschafft werden. Hierzu wand ich mich an unseren örtlichen Fachmarkt für Farben, Tapeten, Bodenbeläge und Künstlerbedarf “Farben Schröder“. Dort wird man immer sehr gut beraten und so fanden wir auch schnell den passenden Kleber für unser Projekt.

Zusammenbau

An einem verregneten Wochenende im März 2023 war es dann endlich so weit und die Grundplatten wurden ausgelegt. Sandra und Michael wünschten sich eine kunterbunte Rampe mit vielen Farben. Nach den ersten Versuchen (noch ohne Klebstoff) wurde schnell klar, dass die Herausforderung darin besteht so zu bauen, dass genügend farbige Teile gegen Ende des Bauprojekts für die letzten Schichten übrig bleiben. Also sortierte ich die Steine grob nach Farben vor um immer einen Überblick über die noch verbleidende Menge zu haben. Im Inneren wurde, wie bereits erwähnt, viel mit Platten gearbeitet, aber auch mit nicht mehr so schönen und teilweise stark ausgeblichenen Steinen.

Klebstoff in die Kartuschenpresse geladen und los ging es. Bahn für Bahn und Schicht für Schicht wurde zunächst der Kleber aufgetragen und dann die Steine bzw. Platten gesetzt. Alles schön überlappend im Verbund, damit genügend Stabilität entsteht. Jede Reihe wurde dann noch mit dem Gummihammer festgeklopft und mit genauem Blick auf Unregelmäßigkeiten überprüft. Hin und wieder kam tatsächlich ein verzogener Stein zum Vorschein, den wir beim Sortieren übersehen hatten. Der musste dann raus und ersetzt werden, damit keine Unregelmäßigkeiten entstehen, die sich bei nachfolgenden höheren Schichten nicht mehr hätten ausgleichen lassen. Meine Familienangehörigen freuten sich übrigens sehr über die Geräusche beim Festklopfen der Teile mit dem Gummihammer. Wer braucht schon einen Wecker am Sonntagmorgen, wenn Papa LEGO baut. 😉

Als ungefähr zwei Drittel der Rampe fertig waren konnte ich etwas sicherer bestimmen, welche Steine in welcher Menge noch benötigt werden. Ein zweites und deutlich kleineres Konvolut wurde beschafft. Das klappte gut und schon am darauffolgenden Wochenende konnte es weitergehen.

Ursprünglich war geplant die Rampe vollständig kunterbunt zu bauen, aber irgendwie beschäftigte mich die Idee noch etwas Besonderes zu integrieren, was die Rampe einmalig macht. Ich nahm ein paar rote und weiße Steine zur Hand und gestaltete in simpler Form den Namen “BÖCKLEIN”. Das sah schon ganz gut aus, aber es fehlt noch etwas Pep. Ich ging auf die Website des Café Böcklein und bemerkte dort die verwendete Schriftart für den Namen. Diese versuchte ich zunächst am Computer mit virtuellen LEGO Steinen nachzuempfinden. Die Herausforderung war dabei die Schrift über die Schräge der Rampe zu planen. Einige Stunden später war ich mit dem Ergebnis zufrieden und wusste welche Teile ich dafür brauchte. Viele davon waren in den Restbeständen der ersten beiden Konvolute vorhanden, die übrigen (hauptsächlich kleine schwarze und weiße Platten) besorgten wir später noch. Bis zu diesem Zeitpunkt erzählte ich Sandra und Michael nichts von der Idee mit dem Schriftzug, da ich erstmal sicher gehen wollte, dass es auch umsetzbar ist.

Erste “Anprobe”

Anke und ich verabredeten uns mit Michael vorm Café um das bisherige Ergebnis an Ort und Stelle auf eine korrekte Höhe zusammen mit der Bautenschutzmatte zu prüfen (die obersten Reihen waren noch nicht verklebt um ggf. notwendige Änderungen vornehmen zu können). Dabei zeigten wir Michael zum ersten Mal den Schriftzug und er war begeistert. 🙂

Das freute mich um so mehr und motivierte für den letzten Sprint. Wieder zu Hause angekommen, klebten wir, mittlerweile nur noch zwei Wochen vor dem geplanten Einweihungstermin, die restlichen Steine bis auf ca. 20 Stück, aber dazu später mehr.

Presse und Medien

Vielen Dank an Arne Martius von der Pressestelle unserer Heimatstadt Ilmenau. Er verfasste eine Mitteilung zum Projekt. Zeitung und Radio berichteten über die Ilmenauer LEGO Rampe und am 01.04.2023 wurde abends im MDR Thüringen Journal sogar ein kleiner Beitrag über das Projekt im Fernsehen ausgestrahlt.

Letzte Schritte und Einweihung

Am Donnerstag den 30.03., also zwei Tage vor der geplanten Einweihung, trafen wir uns abends wieder im Café Böcklein. Michael sollte die letzten Steine festkleben, da es sich um seine Initiative für einen Beitrag zu mehr Barrierefreiheit in Ilmenau handelte. Dabei wurden wir von einer Reporterin des MDR interviewt und einige Fotos entstanden.

Am 01.04.2023 um 11:30 Uhr war es dann so weit. Trotz Regen kamen viele Besucher und das Café war bis auf den letzten Platz belegt. Auch zahlreiche ILMBRICKS-Mitglieder waren vor Ort. Die Rampe wurde eingeweiht und noch mit einem ILMBRICKS-Aufkleber versehen. Marie Machalett durfte als Erste mit Ihrem Kinderwagen die Rampe benutzen und man merkte sofort, wie viel einfacher die Stufe am Eingang nun zu überwinden ist. Wir saßen dann noch gemütlich einige Zeit bei gutem Kaffee und leckerem Gebäck bei Sandra und Michael im Café und ließen den Vormittag ausklingen.

Helfende Hände

An dieser Stelle herzlichen Dank an alle Beteiligten. Es war ein tolles Projekt, welches nur durch Teamarbeit in so kurzer Zeit umgesetzt werden konnte. Besonders möchte ich mich aber bei Rita Ebel bedanken. Es sind Menschen wie sie, die sich aufgrund ihrer Schicksalsschläge im Leben mit den Gegebenheiten unserer Umwelt intensiver beschäftigen, sich Gedanken machen, etwas Neues erschaffen und andere motivieren. Ritas Projekt hat mittlerweile über Deutschland hinaus viele weitere LEGO Rollstuhlrampen ermöglicht und wird mit Sicherheit noch weiter wachsen. Wer möchte kann einen Teil dazu beitragen und nicht mehr genutzte LEGO Steine für weitere Rampen spenden.


Avatar-Foto

Tommy

Baut gerne MOCs und sammelt alte LEGO Burgen-, Weltraum- und Piraten-Sets.